Für eine Vision „Digitale Nachhaltigkeit“ in der Schweiz

Was ist „digitale Nachhaltigkeit“?
Nachhaltigkeit im herkömmlichen Sinne bedeutet den fairen Zu- und Umgang mit physisch-endlichen, oft natürlichen Ressourcen. Aber was bedeutet dieses Konzept übertragen auf eine Ressource, die nicht knapp ist? Digitale Formen von Wissen und Kultur sind solch immaterielle Ressourcen, deren Nutzen durch Verbreitung wächst: Ihr gesellschaftlicher Nutzen ist dann optimal, wenn möglichst viele Menschen Zugang inkl. des Rechts hürdenloser Nutzung haben.

Warum ist sie von Bedeutung?
Die Diskussion um digitale Nachhaltigkeit existiert heute nur vereinzelt; auch der Begriff hat sich noch nicht etabliert. Die Situation ist vergleichbar mit der Öko-Bewegung vor ca. 30 Jahren: Vereinzelte Gruppen nehmen in ihren Bereichen (damals z.B. Wald, Wasserversorgung, etc.) erste negative Veränderungen wahr, aber diese Einzelthemen fallen systematisch aus dem Raster, weil sie von einer zu kleinen Gruppe repräsentiert werden. Es fehlt ein Konzept und Vokabular, um die Gemeinsamkeiten der Interessen zu extrahieren und zu bündeln. Solch eine Bündelung braucht es in der noch jungen, aber bereits sehr bedeutsamen digitalen Welt ebenfalls: Heute reichen die vermeintlich separaten Themen z.B. von File-Sharing von Musik über inkompatible Datenformate und Langzeitarchivierung von Daten bis zu Fragen der Veränderbarkeit von Computerprogrammen und des „Geistigen Eigentums“.

Nutzen einer Vision „Digitale Nachhaltigkeit“

  • Ein Konzept „digitale Nachhaltigkeit“ bietet einen Rahmen, um bislang als getrennt wahrgenommene Phänomene zu integrieren und deren Gemeinsamkeiten aufzuzeigen – ähnlich wie das Konzept „Umwelt“ der Öko-Bewegung erst ermöglichte sich um den damals neuen Begriff „Umweltschutz“ zu formieren und dadurch politisches Gewicht zu erhalten. Heute ist Umweltpolitik ein wichtiges Politikfeld. Dasselbe brauchen wir für eine Politik digitaler Ressourcen.

  • Durch die Abstraktion und „Enttechnisierung“ der Begriffe wird die Kommunikation und Debatte einfacher, so daß sich auch technisch weniger versierte Personen angesprochen fühlen und in die Diskussion einbezogen werden können. Heute kommen strittige Fragen häufig als technische Expertendiskussionen daher und lenken dadurch von den zugrunde liegenden, meist eben nichttechnischen Streitpunkten (z.B. Zugang, Offenheit, Transparenz, Ressourcennutzung) ab. Nur auf die technische Ebene beschränkt fallen viele dieser wichtigen Argumente unter den Tisch.

  • Interessengruppen, die neuen Lösungsansätzen in ihren Gebieten gegenüber negativ eingestellt sind (z.B. Software-Hersteller gegenüber Open Source Software) werden durch ein re-framing veranlasst, die Diskussion in grösseren Zusammenhängen zu führen. Pauschal gegen nachhaltige Lösungen zu argumentieren ist schwieriger als z.B. gegen bestimmte Open Source Programme.

  • Solchermaßen geframte Diskussionen würde klarer, daß es um gute digitale Lösungen für die ganze Gesellschaft und nicht um die Besitzstandswahrung einzelner Interessengruppen.

Aus diesen Gründen wäre die Formulierung einer Vision für Digitale Nachhaltigkeit auf Bundesebene zu begrüssen. Nicht zuletzt würde die Schweiz international damit zu einer Vorreiterin in diesem aufstrebenden Politikfeld.

CC BY-SA 4.0
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5 Responses to Für eine Vision „Digitale Nachhaltigkeit“ in der Schweiz

  1. Michael says:

    Gerade gefunden, bei “Über mich” hast du es perfekt formuliert:

    “In einem grösseren Zusammenhang sehe ich in der Übertragung des Konzepts “Nachhaltigkeit” aus dem ökologischen Bereich ..”

    Dort ist es auf den Punkt gebarcht! :-)))

  2. Michael says:

    @DigiSus: Vielleicht habe ich da ein wenig empfindlich reagiert, da ich in der Kunst oftmals mit sehr abstrakten Texten von gewissen Professoren zu tun habe, die 90% der Kunstinteressierten nicht annähernd verstehen.

    Aber zur “Digitalen Nachhaltigkeit”.

    Ich habe persönlich schon ein wenig Probleme mit dem Begriff “Digitale Nachhaltigkeit”. Ich gehe davon aus, das du die freie und unentgeltliche Verbreitung von Wissen meinst und das die Gefahr besteht, wenn einzelne Interessengruppen monopolisierend und mit wirtschaftlichen Absichten dahinter stehen. Was sind “geframte Diskussionen”?

    … mit dem schwerlich zu lesen meine ich, das sich der Text nicht so ganz einfach erschliessen lässt um was es explizit geht. Hier ein Beispiel, dieser Text lässt sich gut lesen, ist zwar von 2004 aber immer noch sehr aktuell, kannst ihn ja wieder löschen:

    Freies Wissen für jedermann

    http://www.faz.net/s/Rub9D1EE68AC11C4C50AC3F3509F354677D/Doc~E4ACFF653A34E4A7E80678B8F92010430~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Grüsse vom Bodensee
    Michael

  3. DigiSus says:

    @Michael. Ja, ‘tschuldigung das mit dem Studium… Ich bin sehr daran interessiert, dass meine Leser verstehen, was ich hier schreibe. Das ist die Idee überhaupt einen Blog zu haben. Wenn Du mir also schreiben willst, was nicht klar ist, versuche ich es gerne nochmal. 🙂

  4. Michael says:

    Ich denke die wirtschaftlichen Systeme, die unsere Gesellschaft aufgebaut hat, wird im Internet seine Fortsetzung finden.

    Nur das dieses Medium viel besser geeignet ist, langsam einen Überwachungsstaat entstehen zu lassen. Es fängt beim Chip auf dem Reisepass an und auch hier gibt es keinen Aufschrei der Bürger.

    Irgendwie ist der Beitrag für mich schwerlich zu lesen und zu begreifen. Scheint du hast studiert. 😉

  5. Pingback: Readers Edition » Über den Gartenzaun …

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